Etablierte Unternehmen und Start-ups? So gelingt eine erfolgreiche Zusammenarbeit
Jedes zweite Maschinenbau-Unternehmen ist schon eine Kooperation mit einem Start-up eingegangen. Nicht immer folgen aus einer solchen Partnerschaft konkrete Ergebnisse. Über Erfolgsfaktoren und Herausforderungen ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit berichteten Christian Riendl, Hosokawa Alpine, und Felix Müller, plus10, beim diesjährigen tea Technologietransfer-Kongress in Augsburg.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen kleine und mittelständische Unternehmen zunehmend auf neue Technologien. Im eigenen Unternehmen fehlt es jedoch oft an der jeweiligen Expertise zu Künstlicher Intelligenz, Machine Learning und Co. Daher gehen einige Unternehmen Partnerschaften mit Start-ups ein, um solche Kompetenzen zu ergänzen. Einer Studie der VDMA Startup-Machine zufolge liegt der Fokus bei einer solchen Zusammenarbeit darauf, neue Produkte zu entwickeln oder bestehende zu verbessern. Wenn etablierte Unternehmen und Start-ups zusammenarbeiten, treffen oft gefestigte Strukturen auf agile Arbeitsweisen. Damit eine Kooperation für beide Seiten wertschöpfend ist, ist eine systematische Herangehensweise essenziell. Der Maschinen- und Anlagenbauer Hosokawa Alpine ging zusammen mit dem Fraunhofer Spin-off plus10 eine solche Partnerschaft ein. Beim tea Technologietransfer-Kongress sprachen sie über ihre Kooperation sowie Leitplanken für einen erfolgreichen Outcome.
Hosokawa Alpine und plus10 – Partnerschaft startet mit Workshop
Kennengelernt hatten sich die beiden Firmen bei der AI Convention, die von der IHK Schwaben 2020 veranstaltet wurde. Schnell war klar, dass die beiden Unternehmen von einem Austausch profitieren. So hielten KI- und Automatisierungsexpert*innen von plus10 einen zweitägigen Workshop bei Hosokawa Alpine vor Ort. Ziel dieses Formats war es, gemeinsam wertschöpfende Use Cases von Künstlicher Intelligenz beim Anlagenbauer zu identifizieren und zu definieren, um letztendlich ein Kundenproblem zu lösen. „Zusammen mit plus10 haben wir binnen zwei Tagen konkrete Anwendungsfälle erarbeitet, wie Künstliche Intelligenz wertschöpfend und zugleich technisch realistisch in unseren Anlagen integriert werden kann. Mit ihren konkreten Beispielen zur Umsetzung im Maschinen- und Anlagenbau hat plus10 das Thema für uns sehr gut greifbar gemacht. Das hat uns umfänglich geholfen, KI-Applikationen für unsere Anlagen zu identifizieren“, so erläutert Christian Riendl, Head of Electrical Engineering der Film Extrusion Division der Hosokawa Alpine AG, die gemeinsame Zusammenarbeit.
„Gemeinsame Sprache finden“ – Kommunikation bei Zusammenarbeit ist das A und O
Im Interview verrieten beide Kooperationspartner, was es bei einer Zusammenarbeit von Maschinenbauer und Start-up zu beachten gilt. Für Felix Müller ist klar, dass die Basis eine gemeinsame Sprache bildet. Die Expert*innen von plus10 haben eher eine domänenspezifische Datenperspektive, wohingegen Hosokawa Alpine als hoch spezialisierter Sondermaschinenbauer komplexe Folienextrusionsanlagen herstellt. „Diese zwei Welten zusammenzubringen, war ein diskursiver Prozess, um sich gegenseitig zu verstehen und dann auch gemeinsam Lösungen zu skizzieren“, berichtet Felix Müller, Geschäftsführer von plus10. Ein offener Erfahrungsaustausch bringt die Parteien näher zusammen und schafft Verständnis auf beiden Seiten. Hier hilft es, an konkreten Maschinen und Anlagen typische Szenarien interdisziplinär, bspw. zusammen mit dem Vertrieb oder technischen Kundensupport, zu diskutieren. Neben einer offenen Kommunikation ist auch Transparenz ein weiterer Erfolgsfaktor. Es muss jederzeit allen Beteiligten klar sein, welche Ziele mit der Kooperation verfolgt werden und welche Timeline dahinter liegt. Liegt der Fokus auf akuten Problemen oder werden langfristige Lösungsansätze zur Integration in das Produktportfolio erarbeitet?
Systematische Roadmap als Garant für konkrete Ergebnisse
Damit der Austausch strukturiert abläuft, basiert der Workshop von plus10 auf einer systematischen Roadmap. Mitarbeiter*innen aus dem Partner-Unternehmen bringen wertvolles Betriebswissen aus unterschiedlichen Perspektiven in den Workshop ein. Dazu liefern KI- und Automatisierungstechnik-Spezialist*innen von plus10 die nötige Expertise zu KI-Grundlagen, existierenden Lösungen sowie Best Practices. Nach der methodischen Herleitung von Use Cases, wo ein konkretes Problem mithilfe von KI gelöst werden soll, werden diese zusammen mit den KI-Expert*innen technisch bewertet. So erschließt das Unternehmen Schritt für Schritt die für sie individuell passenden KI-Use Cases mit zugehörigen Voraussetzungen, Nutzen und Herausforderungen. Als Ergebnis des Workshops erhalten die Teilnehmer*innen eine konkrete Use Case-Vorauswahl inklusive technischer Bewertung, um zeitnah in die Umsetzung überzugehen.
Im Interview präsentierten Riendl und Müller auch, wie es nun mit Hosokawa Alpine und plus10 weitergehen soll. Die Ergebnisse aus dem gemeinsamen Workshop sollen als Voraussetzung für ein intelligentes Wissensmanagementsystem dienen, was im ersten Schritt intern und anschließend extern direkt für Endkund*innen bereitsteht. Fest steht, beide Unternehmen konnten schon jetzt aus der Zusammenarbeit viel lernen und relevante Ergebnisse mitnehmen, die sie für die Zukunft wappnet.
Unter anderem zu lesen bei